Von Minden nach Hannover
Donnerstag, 28. Mai 2015
In Minden verholen wir die RIA um zwei Schifflängen, um an der Wassertankstelle noch etwa 3m3 Wasser zu bunkern. Der Kubikmeter (1’000L) kostet drei Euro. Um zu dem relativ günstigen Preis Wasser zu bunkern, benötigen wir eine „Wertkarte“. Die kann man bei der Wasser- und Schifffahrts-Verwaltung kaufen. So einen super Sertvice sind wir aus Frankreich nicht gewohnt und in Holland sind die Preise ganz anderes (höher).
Nach dem Ablegen überqueren wir die neue Kanalbrücke über die Weser. Diese ist so breit, dass sogar Gegenverkehr zugelassen ist! Neben der neuen liegt die alte Kanalbrücke, die ebenfalls noch in Betrieb, aber für die Schifffahrt gesperrt ist. Neben der alten Brücke wird mit einem mächtigen Pumpwerk aus der Weser das Wasser in den Mittelandkanal (MLK) gepumpt. Damit wird ein Grossteil des MLK gespiesen.
Wir können von der Kanalbrücke auf die Weser hinunter schauen.
Im Rückblick können wir die alte Kanalbrücke (links im Bild) und die neue Kanalbrücke sehen. Wir haben um 09:30h abgelegt und sind um 10:35h bei der Wassertankstelle dann endgültig los gefahren.
Im Silberlicht legen wir um 13:15h bereits an der Liegestelle Sachsenhagen an. Das Licht sieht auf dem Foto schön aus. Der MLK verläuft von West nach Ost, so fährt man am Morgen bis in den Mittag hinein gegen die Sonne - das ist dann nicht ganz so romantisch wie auf dem Foto.
Die Liegestelle Sachsenhagen liegt mitten im Grünen. Wir geniessen die ländliche Ruhe und Abgeschiedenheit. Ganz alleine sind wir natürlich nicht, denn es herrscht auf dem MLK ein reger Frachter- und Tankerverkehr. Im Vordergrund ein geladener Koppelverband von 165m, kreuzend mit einem leeren Frachtschiff von 110m. Da ist doch unsere RIA ein gemütliches, kleines Böötchen…
Freitag, 29. Mai 2015
Wir bringen unsere Fahrräder ans Land und nehmen die 2.5 KM bis ins Dorf unter die Räder. Vorbei an einem Penny Markt (kleiner Supermarkt samt Bäckerei) gelangen wir in das sehr gepflegt wirkende Dorf.
Das Gebäude mit dem Turm ist das Rathaus. Wir finden auch eine Apotheke. Das Dorf wirkt etwas Menschenleer. Nur etwa dreissig Kilometer von Minden entfernt, werden wohl viele dort arbeiten und erst am Abend zurück kommen.
Über eine verwunschene Brücke finden wir den Fuss- und Veloweg zum Schloss.
Dominique erreicht das Schloss von Sachsenhagen, das privat bewohnt wird. Nicht schlecht Herr Specht!
Die Störche bieten eine richtige Flugshow. Fasziniert beobachten wir die grossen Vögel, die wie Segelflugzeuge gleiten können und richtige Flugkünstler sind. Netterweise setzt sich ein Storch für ein Foto Shooting auf das Dach. So wie die Ziegel aussehen, offenbar ein beliebter Rastplatz für diese Tiere.
Zurück beim Liegeplatz sehen wir ein älteres Hotelschiff, das zur BUGA (Bundes Gartenschau) fährt.
Samstag, 30. Mai 2015
Ablegen um 09:05h Richtung Hannover. Wir finden das sehr aufmerksam von den Leuten hier, dass sie als Willkommengruss die Brücken in der Farbe der RIA angestrichen haben.
Kurz nach dem Mittag erreichen wir nach ruhiger Fahrt einen der grossen Häfen von Hannover.
Ein moderner Kran. Im Hintergrund gleich die Stromversorgung.
Die Energiewende, weg vom Atomstrom, ist ja eine lobenswerte Sache. Es werden aber sehr viele Kohlekraftwerke betrieben, weiter im Osten finden wir dann auch noch verschiedene Kraftwerke, die mit Braunkohle betrieben werden. Das sind dann die richtigen „Dreckschleudern“ (sagt man). Es wird interessant sein zu beobachten, wie rasch das mit der erneuerbaren Energie vorwärts geht und dann auch nach und nach diese Kraftwerke vom Netz gehen können. Auf jeden Fall wird der Rückbau der Kohlekraftwerke erheblich einfacher sein als der Rückbau der verstrahlten Atomkraftwerke. Im TV hören wir immer mal wieder, dass die Politik befürchtet, dass die Energiekonzerne möglicherweise die Milliarden für den Rückbau gar nicht aufbringen können (wollen?). Wir werden sehen.
Das grosse Container Terminal.
Der moderne Hafen. Die Eisenbahnwaggons erinnern mich an meine Spielzeug Eisenbahn, die ich als Bub hatte.
Mit diesem Prachtexemplar eines schönen alten Hafenkrans mit seinen vielen verschiedenen Schaufeln, die vorne am Quai schön aufgereiht sind, geht die Hafendurchfahrt zu Ende. Schön, dass man diese alten Zeitzeugen stehen lässt und pflegt.
Der Kanal führt in weitem Bogen um Hannover herum.
Wir kennen Hannover noch nicht uns sind gespannt, was wir da zu sehen bekommen. Wie immer mal wieder bei deutschen Städten ist es auch hier schwierig, auf der Karte herauszufinden wo sich das Stadtzentrum befindet. So werden wir halt mal wo anlegen und dann kucken, wo wir hin wollen.
Wir fahren an einigen Aussenquartieren vorbei. Hier am Mittellandkanal lässt es sicher gut wohnen.
Dominique beobachtet „Kunst am Kanal“: Jemand hat in alte Bäume, die man nicht direkt oberhalb des Wurzelstocks abgesägt hat, sehr schöne Holzschnitzereien angefertigt. Der oder die Künstler/in hat den Baum selber als Grundmaterial verwendet und aus den Ästen, die aus dem Stamm kammen, Bären geschnitzt. Oben wurde aus dem Abschluss des Stamms ebenfalls eine Figur geschnitzt. Es hat dem Kanal entlang eine ganze Zeile dieser Kunstwerke .
Faszinierend, was man vom Schiff aus alles sehen kann. Mit einem Auto würde man viel zu rasch daran vorbeifahren.
Zuerst fahren wir zu einer Liegestelle, die aber durch ein Ausstellungsschiff belegt ist. Zum Glück ist der Kanal meistens breit genug, so dass wir problemlos wenden und wieder zurück fahren können. So legen wir letztlich nach 353 Km um 13:20h bei Km 161.2 an der Liegestelle gegenüber dem Brinker Hafen an.
Abendstimmung beim Km 161.2.
Sonntag, 31. Mai 2015
Wir studieren die Karte und finden heraus, wo wahrscheinlich das Stadtzentrum liegt.
Mit der Strassenbahn, die dann im Stadtzentrum zur U-Bahn wird, fahren wir zum Hauptbahnhof.
Hier gibt es sogar zweistöckige Einkaufsstrassen: hier die ebenerdigen Läden, in der Mitte der Fussgängerzone kann man die Läden im Untergeschoss sehen und unten weiter flanieren.
Die berühmte Kröpcke Uhr ist gleichsam ein Wahrzeichen wie auch ein Treffpunkt der Stadt. In der Vitrine, die gerade leer ist, werden wechselnde Kunstausstellungen organisiert. Die Treppe vor der Uhr kann man hinaufsteigen und sich selber „in der Vitrine“ fotografieren lassen.
Na ja - wem’s Spass macht…
Wir wandern weiter in Richtung der Altstadt.
Die Marktkirche, mitten auf dem Marktplatz. Keine Angst: die Häuser rechts sind senkrecht gebaut. Offenbar hat sich da unser Fotoapparat einen kleinen Scherz erlaubt.
Da Hannover im Krieg offenbar grosse Zerstörungen erleiden musste, stehen neue und alte Häuser direkt nebeneinander. Der Wiederaufbau wurde aber sehr sorgfältig durchgeführt, so dass das Ganze harmonisch zusammenwächst.
Hier am Holzmarkt sieht man gut, wie das neue Haus zwar modern gebaut ist, sich aber den alten Häusern gut anpasst. Das ist nicht überall so gut gelungen. Nach dem Ende des Krieges musste damals möglichst rasch Wohnraum geschaffen werden, damit die Menschen wieder ein Dach über dem Kopf hatten. So wurde aus verständlichem Grund mancherorts rasch und Zweckmässig gebaut und die Stadtplaung blieb auf der Strecke. Schön, dass es hier anders ist.
Die Kramerstrasse, ein Ort langer Tradition.
Liebevoll gestaltete Verzierungen in der Fassade.
Der Ballhofplatz, ebenfalls ein traditionsreicher Ort. Heute ein lauschiger Treffpunkt mit Strassenkaffees.
Das Schild erklärt den Ursprung…
Eine Leine ist etwas, woran Matrosen die Schiffe festmachen oder der Hund angebunden wird. In Hannover heisst der kleine Fluss, der durch die Stadt fliesst, „Leine“. Na ja - so ist es eben. Im Fluss steht ein Fischer, der sich im Fliegenfischen übt. Rechts oben sieht man einen Teil des Flohmarktes. In der Bildmitte rechts (zwischen da wo die Bauabschrankung aufhört und der die Quaimauer einen Bogen nach rechts macht) kann man ein Bodenmosaik finden (siehe nächstes Bild).
Zum Namen des Flüsschens gibt es einen alten Schifferwitz. Frage: "Wo geht abends der Mann mit seines Frau an der Leine spazieren?" Antwort: "In Hannover"!
Wenn man unten auf dem Quai darüber geht, realisiert man es gar nicht, dass man über ein Mosaik läuft. Erst von oben realisiert man, dass hier ein Mosaik eingelegt wurde. Surli hat in mühsamer Kleinarbeit die mehreren Fotos zusammengesetzt (Fotoshop). Das Ergebnis ist super, denn erst jetzt kann man das ganze Mosaik sehen.
Dominique will unbedingt noch auf die andere Seite des Flüsschens, denn sie hat da etwas sehr Interessantes entdeckt.
Es sind die berühmten Nanas, von denen ein paar Niki de Saint Phalle 1974 hier aufstellen liess.
Pech gehabt…
Im Vordergrund die Markthalle, dahinter der Landtag.
Detailansicht des Dachs.
Wir steigen in den Untergrund, um mit der kombinierten Strassen-/U-Bahn zurück zu fahren.
Liegestelle bei MLK Kilometer 161.2.
Hier noch ein kleiner Hinweis, falls Du hier mal anlegst: wenn Du zur Brücke gehst, unten durch und dann gleich rechts, kommst Du nach etwa zweihundert Metern zu einem sehr guten, original griechischen Restaurant. Domi und Surli haben es gründlich getestet und sowohl Küche wie Keller hervorragend gefunden.
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote: Am Sonntagmorgen etwa um halb fünf Uhr, es ist schon hell draussen, werden wir unsanft aus dem Schlaf gerissen. Mehrere Leute trampeln über die RIA! Wir springen sofort aus dem Bett und eilen ins Steuerhaus. Wir sehen auf dem Vordeck ein paar junge Leute, die da mit Flaschen in der Hand rum tanzen und Selfies schiessen. Surli drückt kurz entschlossen auf unser Schiffhorn, das einen sonoren Ton von immerhin 115 Dezibel von sich gibt. Das Vordeck ist innerhalb von etwa einer Sekunde leer, einer springt sogar waagrecht über das Schanzkleid an Land, und die Gruppe rennt den Treidelpfad entlang, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Wir gehen, sehr zufrieden ob der grandiosen Wirkung unseres Horns, wieder ins Bett und schlafen weiter den gerechten Schlaf des redlichen Schiffers.
Hier endet nun unser neunter Reisebericht.
Wir danken Dir, geneigte Leserin, geneigter Leser,
für Dein Interesse an unseren Erlebnissen.