2013 - 4 von Condé sur Marne nach Dole

  1. August bis 9. August: wie jedes Mal fühlen wir uns in Condé-sur-Marne sehr wohl. Wir haben Landstrom, die Liegestelle ist sicher und die Menschen sind freundlich. Wir nutzen die Zeit, um das Internet nachzuführen, das Schiff gründlich zu putzen (muss auch sein), Spaziergänge machen, zu lesen. So richtig mal Pause zu machen und die Seele baumeln zu lassen. Am letzten Tag vor der Weiterfahrt schliessen wir am Quai nochmals bis zu vorderst auf. Von da ist es weniger weit, den Wasserschlauch zu verlegen und den Wassertank wieder aufzufüllen. Die 3'500 Liter Frischwasser genügen uns zu Zweit für etwa einen Monat, so dass wir nun wieder für einige Zeit unabhängig sind von Land-Strom und -Wasser. 
  2. August: wir legen um neun Uhr ab, biegen über Backbord in den Canal Latéral à la Marne ein und fahren nun wieder zu Berg. Auf den vor uns liegenden gut 16 Kilometern warten nur drei Schleusen auf uns. Doch schon die erste Schleuse Nummer 11 hat es in sich! Von weitem sieht Surli auf dem schnurgeraden Kanal etwas Weisses rechts von der Schleuse. Als er den Feldstecher nimmt, meint er den Rheinfall (grösster Wasserfall der Schweiz) zu sehen. Der Schleusenüberlauf ergiesst sich als Wasserfall von etwa drei Metern Breite und zwei Metern Höhe quer in den Kanal. Und das unmittelbar vor der Schleuseneinfahrt. Super Konstruktion – das wird ja lustig! Wir fahren die Schleuse auf der Seite des Wasserfalls an. Doch die Strömung ist so stark, dass wir nicht einmal mehr mit dem Bugstrahlruder dagegen halten können. So beginnt die Kurblerei am Steuerrad nach Steuerbord, dann den Gashebel kurz nach unten, um die bevorstehende Kollision mit der Ecke der Schleuseneinfahrt zu vermeiden. Das gelingt zwar, doch erfasst die Strömung nun das Heck der RIA und wir kommen ziemlich quer. Also muss Surli noch verrückter am Steuerrad nach Backbord drehen, wieder einen Gasschub geben, und drin sind wir. Zugegeben, etwas Farbe hat das schon gekostet, aber wir sind ohne grossen Bums rein gekommen. Na ja, der Schleusenüberlauf ist halt eine Fehlkonstruktion. Aber da es ja irgendwie schon geht, gibt es für die VNF keinen Anlass, etwas zu ändern.

Eine Schleuse weiter warten wir weit genug vor der Schleuse, bis eine Péniche zu Tal geschleust hat. Diese legt dann im Unterwasser der Schleuse an und wir können, wieder durch die Strömung des Schleusenüberlaufs (hier etwas geringer zum Glück!), in die Schleuse einfahren. 

Cananal Latéral à la Marne, Schleuse 10 Juvigny.

Cananal Latéral à la Marne, Schleuse 10 Juvigny.

Als wir nach oben schleusen, sehen wir die Frau des Mariners den Hund suchen. Dominique sagt ihr, dass der auf der anderen Seite des Schleusen-Steuerhauses sei, worauf sie sich bedankt und sagt, der Hund sei sie eben auch gerade am suchen. Die Wiedersehenfreude seitens des Hundes ist riesig, er wedelt wie verrückt mit dem Schwanz.

Da eine Schleusung etwa zehn Minuten dauert, können wir später beobachten, dass die Mariners angehalten haben, um Nüsse von einem Nussbaum neben der Schleuse zu pflücken. Es ist doch schön, dass trotz dem harten Leben und den langen Arbeitszeiten noch Zeit bleibt, anzuhalten um Nüsse pflücken zu gehen. Und dass es ihnen das Wert ist, dies auch zu tun.

Die Fahrt geht weiter und wir passieren nach zwölf Uhr die dritte Schleuse, welche in den Hafen von Châlons-en-Champagne führt. Gespannt warten wir, bis wir soweit hinauf geschleust haben, dass wir in den Hafen sehen können. Es ist wie oft: die kleinen Schiffe belegen das Quai für die grossen Schiffe, und zwar schön in dem Abstand, dass es keinen Platz mehr gibt.

Quai und Port Plaisance (rechts hinten) von Châlons-en-Champagne.

Quai und Port Plaisance (rechts hinten) von Châlons-en-Champagne.

Der Schleusenwärter sagt uns, dass es auf der gegenüber liegenden Seite zwei Poller hat, an denen wir festmachen können. So legen wir also da an und sind froh, doch eine Liegemöglichkeit gefunden zu haben.

Die RIA liegt dem Hafen gegenüber.

Die RIA liegt dem Hafen gegenüber.

Wir gehen in die schöne Stadt, machen einen Abstecher ins Office de Tourisme, flanieren durch die Strassen und genehmigen uns einen Apéro in einem der zahlreichen Strassenkaffees.

Später spazieren wir durch die beiden wunderschön angelegten Parks „Petit Jard“ und „Grand Jard“ und am Hafen vorbei zur RIA zurück.

Wir staunen nicht schlecht: in der Zwischenzeit haben wir Besuch bekommen. Eine Péniche liegt an der RIA auf Seite. Klar, wir liegen ja am Platz für die Berufsschiffe. Das ist aber weder für die Péniche noch für uns ein Problem, haben wir gerade deswegen die RIA gut festgemacht, so dass die Leinen auch die zusätzlichen 310 Tonnen problemlos halten.

Die „Joshua“ liegt bei der RIA auf Seite für eine Nacht.

Die „Joshua“ liegt bei der RIA auf Seite für eine Nacht.

  1. August: es ist Sonntag und wir machen einige Spaziergänge. Am frühen Nachmittag kommt die „Jana“, der schöne Luxe Motor Neubau unserer schwedischen Freunde Dolores und Lennart an. Inzwischen hat es am Quai Platz gegeben und sie können beim Hafen anlegen. Direkt hinter dem wunderschönen Traditionsschiff „Recht door Zee“, was in etwa soviel heisst wie „Direkt zum Meer“, manövriert Lennart souverän in die Lücke.

    Die Wiedersehensfreude ist gross, denn wir haben uns 2008 in Pagny sur Meuse kennen gelernt und seither den Kontakt immer aufrecht erhalten, uns hie und da wieder getroffen und ansonsten per Mail kommuniziert. Ihr neues Schiff haben wir noch nicht gesehen und so gibt es viel Gesprächsstoff. Die gemeinsame Sprache ist Englisch, aber das ist für alle Beteiligten problemlos, da nun alle in einer Fremdsprache sprechen und damit niemand in Versuchung kommt, viel zu schnell zu reden.

    Die „Jana“ manövriert hinter der „Recht door Zee“ ans Quai.

Die „Jana“ manövriert hinter der „Recht door Zee“ ans Quai.

  1. August: heute ist ein besonderer Tag, davon später. Es erreichen weitere grosse Schiffe den Hafen:

Die „EPATANT“ kommt und später ergänzt die „Elizabeth“ das Trio.

Die „EPATANT“ kommt und später ergänzt die „Elizabeth“ das Trio. 

Die Besitzer der „EPATANT“, Catherine und Bernard sind Schweizer aus Genf. Da gibt’s natürlich viel zu erzählen. Gegenüber liegt auch noch die „Vivante“ von Carol und Tom aus Amerika. Auch zu ihnen ergibt sich ein sehr netter Kontakt und so laden wir die Crew der „Jana“, Dolores und Lennart samt Besuch, die Crew der „EPATANT“, Catherine und Bernard sowie die Crew der „Vivante“ am Abend zum Champagner ein. Das machen wir natürlich nicht immer, aber heute gibt es etwas zu feiern: Dominique hat einen runden Geburtstag und so sitzen wir zu Zehnt gemütlich und in bester Stimmung bis spät abends im Steuerhaus der RIA und verbringen einen unvergesslichen Abend zusammen.

  1. August: Alle legen ab und fahren weiter. Immer ein etwas trauriger Moment, aber das gehört halt auch zum Nomadenleben. Wir bleiben heute noch, da unsere Vorräte gestern Abend etwas strapaziert wurden und wir etwas aufbunkern wollen.

    14. August: wir legen um 08:40 Uhr ab, nachdem wir uns noch von Tom und Carol verabschiedet haben. Der Canal latéral à la Marne verläuft über viele Kilometer schnurgerade. Links und rechts sind meist Gebüsch und Bäume, so dass wir von der Landschaft eigentlich nichts sehen. Es ist fast etwas langweilig, hier zu fahren. Surli findet, das einzig angenehme sei, dass es genug Wasser unter und neben dem Schiff hat und so das Navigieren einfach sei. Vor allem das lästige „Ansaugen“ des Schiffs auf eine Seite entfällt, das mit zu geringer Wassertiefe zusammen hängt. Das Phänomen tritt auch bei zu hoher Geschwindigkeit auf, aber da wir dann jeweils nur noch knapp 5 Km/h fahren, bleibt dann nur noch, ganz konzentriert genau in der Mitte des Kanals zu fahren. Aber eben – hier können wir ganz entspannt navigieren.

    Die Schleuse 4, Soulanges, wird unser heutiger Prüfstein. Dominique dreht an der Stange (im Schifferslang „la carotte“ genannt), um die Schleuse zu initialisieren. Surli meint, neben dem Rotlicht auch das Grüne Licht gesehen haben und gibt Dominique ein OK. Nach gut 100 Metern stellt Surli dann fest, dass doch nur das rote Licht brennt. Sch…! Also volle Kraft achteraus und stoppen. Danach erst das Schiff wieder ausrichten und dann sorgfältig rückwärts zur Carotte fahren. Dominique dreht nochmals an der Carotte, diesmal kuckt Surli besser und siehe da: das gelbe Blinklicht startet und die Schleuse stellt sich auf Rot/Grün.

    Wir fahren durch den Schleusenüberlauf recht gut in die Schleuse ein und sind sehr zufrieden mit uns. Auch die Schleusung selber geht problemlos, ist ja auch nicht die Erste. Bei der Ausfahrt wird auf der Steuerbordseite der hinterste Seilfender abgerissen. Teilweise hat es an den Schleusentoren relativ scharfe Kanten, die ein ganz klein wenig ins Profil hinaus stehen. Das Seil wird richtig entzwei geschnitten und abgerissen. Es liegt nun über dem Schleusentor. Wir wollen nicht, dass das Seil ins Wasser fällt und dann in den Propeller eines Schiffs gerät. So stoppen wir halt nochmals volle Kraft achteraus und legen am oberen Wartesteiger an. Inzwischen ist das Schleusentor wieder zu gegangen und das Seil klemmt zwischen den Toren. Wir haben heute mit dieser Schleuse unseren Glückstag erwischt. Mit vereinten Kräften gelingt es uns dann, das Seil zu bergen und zu entsorgen.

    Wir fahren weiter, absolvieren noch die letzte Schleuse und legen ohne weitere Probleme am bergseitigen Wartesteiger in Couvrot an. Man könnte fast sagen: ohne die Schleuse 4 wäre es ein langweiliger Tag geworden.

    Warteseiger bergseits der Schleuse 3 Couvrot, direkt vor der VNF.

Wartesteiger bergseits der Schleuse 3 Couvrot, direkt vor der VNF.

  1. August: Dominique hat festgestellt, dass nur noch lauwarmes Wasser anstelle von Heisswasser aus dem Wasserhahn kommt. Surli stattet dem Maschinenraum einen ausführlichen Besuch ab, kramt die entsprechenden Handbücher hervor und beginnt das Heizungs-/Heisswasser-System zu studieren. Er stellt immerhin fest, dass sowohl Heizöl als auch Strom vorhanden sind, die Umwälzpumpe der Heizung ordnungsgemäss startet, der Brenner keinen Fehler anzeigt, ansonsten aber „tote Hose“ ist. Es liegt nahe, dass die Ursache in der Steuerung liegt. Da sind Surlis Fähigkeiten an ihre Grenzen gestossen und wir brauchen einen Fachmann.

    Zum Glück liegen wir ja direkt vor dem Büro der VNF. Dominique geht fragen, ob ein Sanitär / Heizungs-Geschäft in der Nähe sei. Der freundliche Mann von der VNF fährt mit Dominique zum Fachgeschäft im Ort. Das Geschäft ist geschlossen. Der VNF Mann sagt Dominique, dass heute ein Feiertag sei und sie morgen nochmals vorbeigehen solle.

    Wir liegen hier gut und sicher und so machen wir einen gemütlichen Tag. Duschen ist zwar etwas erfrischend, aber es geht. Zum Glück ist es immer noch Sommer.

    Festgemacht in Couvrot.

Festgemacht in Couvrot.

  1. August: die netten Leute von der VNF geben uns die „Page Jaune“ (gelbe Seiten), das Branchentelefonbuch der Region. Dominique beginnt mit dem herum telefonieren, aber es ist schwierig. Einerseits sind immer noch die grossen Ferien in Frankreich, über dies ist der Tag zwischen dem 15. August (Maria Himmelfahrt) und dem Wochenende, an dem viele die „Brücke“ machen und erst am Montag wieder aufmachen.

    Inzwischen kommt ein Elektriker der VNF, der sich sonst um das Elektrische der Schleusen kümmert, zu uns und er und Surli verschwinden für längere Zeit im Maschinenraum. Er checkt die ganze Steuereinheit durch, findet aber nichts, was nicht funktioniert. Er meint, das müsse der Öl-Brenner sein, aber davon verstehe er nichts. Trotzdem: herzlichen Dank!

    Kurz nach Mittag ruft dann doch einer der angerufenen Sanitär-Installateure zurück und verspricht, noch heute vorbei zu kommen. Allgemeine Erleichterung breitet sich auf der RIA aus.

    Sanitär-Installateur suchen.

Im späteren Nachmittag fährt dann tatsächlich ein Geschäftsauto vor die RIA und ein dynamischer Handwerker steigt aus. Monsieur Martinot, der Inhaber selber, kümmert sich um unser Problem. 

Das Auto von Yannick Martinot, Chauffage, Plomberie, Sanitaire von Luxémont-Villotte fährt vor.

Das Auto von Yannick Martinot, Chauffage, Plomberie, Sanitaire von Luxémont-Villotte fährt vor.

Monsieur Martinot meint, den Elco Brenner kenne er. So verschwinden er und Surli wieder für länger im Maschinenraum, studieren die Schemas der Produktbeschreibungen und testen dies und das. Nichts regt sich! Monsieur Martinot meint, dass dies wohl an der Elektronik des Brenners liegen müsste, die er aber nicht dabei und auch nicht am Lager habe, da es sich doch um etwas älteres Modell handle. Aber am Montag könne er die Teile bestellen und am Mittwoch einbauen. Er wolle aber schauen, ob nicht ein Kollege noch solche Teile am Lager habe, dann würde er morgen Samstag noch mal kommen.

  1. Auguste: und tatsächlich, am Samstagmorgen kommt er wieder vorbei und lädt umfangreiches Material und Werkzeug aus. Surli hilft ihm, das Material und die beiden Männer verschwinden wieder im Maschinenraum. Der Fehler liegt eindeutig nicht am Brenner, denn er schliesst einen mitgebrachten an und nichts rührt sich.

Dann kann es nur am Thermostaten im Wohnraum liegen! Also raus aus dem Maschinenraum und in den Salon. Der Thermostat wird durch einen Neuen ersetzt und wiederum passiert – nichts! Surli meint, langsam glaube er doch an parapsychologische Effekte.

Monsieur Martinot hat eine letzte Idee, dass es an der Verbindung zwischen dem Thermostaten im Wohnraum und der Heizung im Maschinenraum liegen könne. Also runter in den Maschinenraum und den elektrischen Eingang des Thermostaten direkt am Brenner überbrücken. Und whooouuuuuw – es geht! Monsieur Martinot hat einen super guten Job gemacht, danke!

Jetzt geht also das Heisswasser wieder, aber die Kabel-Verbindung muss noch geprüft und repariert werden. Das ist aber eine Arbeit für den Elektriker. Das machen wir dann in Dannemarie. Wir können nun immerhin wieder weiter fahren. Mit Monsieur Martinot trinken wir noch einen gemütlichen Kaffee, plaudern etwas über unser Leben auf dem Schiff und seine Ferien, die er schon hatte. Seine Rechnung fällt sehr moderat aus und wir sind sehr froh, das Problem nun bis auf Weiteres gelöst zu haben. 

  1. August: eigentlich wollen wir per Velo nach Vitry-le-François, um endlich mal das Städtchen anzusehen. Doch es wird ein regnerischer und windiger Sonntag, den wir gemütlich im Schiff verbringen. Gegen Abend gehen wir zum „Bar Tabac“, welcher jeweils um fünf Uhr abends öffnet. Wir genehmigen uns einen Apéro und fangen mit der Bar- und Ladeninhaberin an zu plaudern. Einmal mehr hören wir Klagen über die schlechte Wirtschaftslage, den Mangel an Arbeit und dass keine Zukunftsperspektiven bestehen würden. Die Krise ist allgegenwärtig.

Anderthalb Stunden und zwei Apéros später verlassen wir den „Bar Tabac“ wieder. Das Nachtessen hat sich ja nicht selber zubereitet in der Zwischenzeit. Wir geniessen unser Diner à Deux und lassen den Tag ruhig auslaufen.

  1. August: schon früh ist Surli auf, um den VNF Mann nicht zu verpassen, damit dieser die Garage öffnen und den Strom abhängen kann. Nach dem Frühstück legen wir um zwanzig vor Neun ab und nehmen das letzte Teilstück des Canal Latéral à la Marne unter den Kiel. Nach zwei Schleusen und einem Aquädukt erreichen wir die Umfahrung von Vitry. Früher führte der Kanal durch die Stadt, heute, nach dem Bau des Canal de la Marne au Rhin, Branche Ouest, führt der Kanal an dem Städtchen vorbei.

Wir erreichen das Ende des Latéral à la Marne und die Abzweigung in die beiden Kanäle, die hier weiter führen. Die Entscheidung hier ist: links zur Nordsee oder rechts zum Mittelmeer.

Links zur Nordsee - rechts zum Mittelmeer.

Links zur Nordsee oder rechts zum Mittelmeer.

Wir entscheiden uns für den Canal de la Marne à la Saône, heute Canal entre Champagne et Bourgogne genannt. Wir wollen zwar nicht bis zum Mittelmeer, uns genügt es vorerst, die 114 Schleusen bis zur Saône zu überwinden.
Die Passage an dieser Seite von Vitry vorbei ist eng, ungemütlich (alles ist ein wenig verwahrlost) und winklig. Dementsprechend ist Schritttempo angesagt und es braucht seine Zeit. Mit der Schleuse 71, Désert, erreichen wir den Kontrollposten und bekommen die „Télécommande“, die Funkfernsteuerung.

Vor und nach der Schleuse 68 wird der Kanal ausgebaggert. Surli meldet die RIA über Funk als Bergfahrer an und sofort kommt die Bestätigung, dass die Péniche neben dem Baggerschiff sich loskoppeln wird und uns Platz für die Durchfahrt macht. Wir bedanken uns nachher über Funk für Passage.

Oberhalb der Schleuse liegt eine weitere Péniche mit dem Aushub und wartet, bis die dritte Péniche etwas weiter vorne vom Bagger an Land, der den Modder auf Lastwagen verlädt, geleichtert ist. Wir melden uns wieder an und der Marinier stoppt die Pumpe, welche das Dreckwasser wieder in den Kanal pumpt. Auch dies verdanken wir herzlich, wir hätten die Sauce sonst auf dem Schiff gehabt.

Später erfahren wir, dass kleinere Schiffe bis zu einer Stunde gewartet haben, bis sie passieren konnten.
Um 14:20 Uhr legen wir in Orconte nach 19.7 Km und 9 Schleusen an und machen Feierabend.

Orconte, ein schöner Liegeplatz im Schatten.

Orconte, ein schöner Liegeplatz im Schatten.

Das Wasser ist hier stark mit Schlingpflanzen verschlammt, aber relativ klar, da wo es keine Pflanzen hat.
So können wir von Auge kontrollieren, ob mit unserer Schraube alles in Ordnung ist. Es ist alles in Ordnung!

„Schraubenkontrolle“ im klaren Wasser.

„Schraubenkontrolle“ im klaren Wasser.

  1. August: wir legen um halb Neun ab. Teilweise ist der Kanal derart verschlammt, dass wir nur mit fast Vollgas überhaupt aus der Schleuse heraus kommen. Es ist wie navigieren im Pudding, nicht sehr angenehm. Ansonsten ist der Kanal eher langweilig, weil er schnurgerade aus verläuft. Die einzige Abwechslung sind die Schleusen, die nicht funktionieren. Von 7 Schleusen haben deren 4 heute nicht funktioniert! Als wir aus der Schleuse 61 wieder einmal den Kontrollposten anrufen wollen, ist da geschlagene 40 Minuten lang das Telefon besetzt! Nach einer Stunde können wir dann endlich aus der Schleuse ausfahren. Eine besondere „Attraktion“ sind die Kampfjets der nahen Militärbasis, welche im Landeanflug etwa 30 Meter über die RIA hinweg donnern, so dass wir jedes Mal die Ohren zuhalten müssen. Wir haben sie nicht gezählt, aber es waren schon etwa zwanzig Landungen und Starts, denen wir beiwohnen durften.

Na ja, um 14:30 Uhr erreichen wir nach 16.6 Km und 7 Schleusen Saint-Dizier und legen an den Dalben unterhalb der Schleuse (die auch nicht funktioniert) an. Solche Tage gehören halt auch zur Schifffahrt und wir nehmen es einigermassen gelassen. Es war zwar schon etwas anstrengend, aber früher konnten wir nie schon um halb drei Uhr Feierabend machen. Man muss das Positive sehen!

Gegen Abend machen wir einen Spaziergang in die schöne und gepflegte Stadt. Mit einem Apéro im Boulevard Kaffee auf dem grossen Platz vor dem Rathaus sind wir für die Unbill des Tages mehr als entschädigt.

An den Dalben (Pfähle im Wasser) liegt die RIA unterhalb der Schleuse von Saint-Dizier.

An den Dalben (Pfähle im Wasser) liegt die RIA unterhalb der Schleuse von Saint-Dizier.

  1. August: Ausschlafen, ein grosser Einkauf im schönen „Simply Market“ und am Nachmittag viele Mails beantworten und die Website nachführen sind heute das Programm. Dominique geht zum Coiffeur (was Surli nicht mehr muss) und wir treffen uns nachher wieder zum Apéro auf dem Hauptplatz.
  2. August: Wir legen um zwanzig nach acht Uhr ab und passieren die erste Schleuse, welche uns vorgestern partout nicht durch lassen wollte, völlig problemlos. Es gibt heute ein paar heikle Passagen: zum Beispiel verläuft der Kanal parallel zur Eisenbahnlinie und unterquert diese dann in zwei rechtwinkligen Kurven. Das bedeutet für uns: anhalten, neunzig Grad Tellerwende über Backbord, unter der durchhängenden und dadurch zu niederen Brücke hindurch zirkeln (es hat letztlich noch ein paar Zentimeter zwischen der Brücke und dem Dach des Steuerhauses), wieder stoppen, nochmals neunzig Grad Tellerwende über Steuerbord und dann geht es wieder gemütlich weiter.

Der Wind frischt laufend auf, bis wir in den Böen gute vier Beaufort von Achtern haben. Bei der Schleuse 55 Chamouilley (kann man so etwas überhaupt aussprechen?) brennt kein Licht an der Signaltafel. Natürlich nützt die „Télécommande“ auch nichts. Wieder einmal eine Schleuse „en panne“. Das hatten wir doch schon. Also den Poste Contrôle Désert (der Name passt irgendwie) anrufen. Ja, die Schleuse sei auf „manuelle“ geschaltet, das heisst, sie muss von Hand gesteuert werden. Sie schicke jemanden. Wir manövrieren vor der Schleuse bei diesem starken und böigen Wind eine geschlagene halbe Stunde im Kanal umher, bis endlich jemand kommt. Der Éclusier erklärt uns, dass die Schleuse seit einem Jahr defekt sei, und erzählt nicht ohne stolz, dass man es wenigsten hin bekommen habe, dass man sie manuell wieder betreiben könne. Wir fragen, warum denn niemand da gewesen sei, wenn man das schon wisse und die VNF von uns über unsere heutige Fahrt informiert wurde, als wir ablegten. Ja, es hätte ein „Vacataire“ (Ferienvertretung) auf uns warten sollen, aber der sei wohl mit den anderen Schiffen vor uns mit gegangen. Der VNF Mann ist ein netter Mensch und so verkeifen wir uns den Kommentar, der uns auf der Zunge liegt.

Dafür fährt der VNF Mann dann mit seinem Auto mit und schaut, dass alles gut funktioniert. Wir sind wieder zufrieden. C’est la France. In Bayard angekommen, fragt er uns, wann wir morgen weiter fahren wollen. Wir machen mit ihm ab, dass wir um halb Neun die Zugbrücke, welche bedient werden muss, passieren werden.
Die heutige Etappe waren 16.2 Km, 7 Schleusen und 3 Zugbrücken.

Wir liegen in Bayard, zwischen der Schleuse und der Zugbrücke an einem guten Quai.

Wir liegen in Bayard, zwischen der Schleuse und der Zugbrücke an einem guten Quai.

In fünf Minuten zu Fuss erreichen wir das Einkaufszentrum mit einem Intermarché, einer Boucherie und einer Boulangerie. So tätigen wir einen grösseren Einkauf im Supermarkt, lesen in der Metzgerei schönes Fleisch aus und kaufen feines Brot in der Bäckerei.

Das Haus der Stadtverwaltung und das ganze Dorf sind mit einer üppigen Blumenpracht geschmückt.

Das Haus der Stadtverwaltung und das ganze Dorf sind mit einer üppigen Blumenpracht geschmückt.

Der Abend beginnt mit dem obligaten Apéro, setzt sich mit einem wunderbaren Diner à Deux, begleitet von einem guten Glas Wein, fort und klingt im Kerzenlicht gemütlich aus.

  1. August: Surli ist schon früh auf den Beinen und sieht um sieben Uhr morgens den VNF Mann mit seinem Auto vorbei tuckern. Plötzlich stoppt das Auto, wendet und der Mann kommt zurück. Er hätte ein Problem, sagt er. Es kämen zwei Motorjachten hinter uns und dahinter noch ein „Commerce“, ein kommerzielles Frachtschiff, dass erste Priorität hat und er hätte zuwenig „Vacataires“,  um alles gleichzeitig zu bewältigen. So werde es halt schon neun oder halb Zehn, bis wir ablegen könnten.

Na ja, was will man machen? So kann wenigstens Dominique noch etwas im Bett bleiben, denn  wir haben nun ja viel Zeit bis zum Ablegen. Und das Frühstück können wir auch in aller Ruhe und Gemütlichkeit geniessen.

Die Zugbrücke von Bayard, die erst um halb Zehn geöffnet werden konnte.

Die Zugbrücke von Bayard, die erst um halb Zehn geöffnet werden konnte.

Um zwanzig vor zehn Uhr legen wir ab und passieren die Zugbrücke vor den beiden Motorjachten, die inzwischen unten an der Schleuse angekommen sind. Die weitere Fahrt verläuft problemlos und wir erreichen nach dem Mittag Joinville. Bei der alten „Vinaigrerie“, wo wir letztes Jahr gut lagen, hat es keinen Platz. Dafür hat es beim Halte Nautique überraschend Platz am Quai, weil gerade eine Motorjacht ablegt, als wir ankommen. Etwas später kommen auch die beiden Motorjachten. Auch für die beiden hat es Platz am Quai, einen davon direkt vor der RIA. Wir beobachten etwas amüsiert, wie etwa drei Leute am Land und die Crew an Bord in allen Richtungen an den Leinen zerren und reissen, um da Schiff in den Platz zu manövrieren. Wenn man eine Spring gesetzt und dann hinein gedreht hätte, wäre alles ohne grossen Kraftaufwand gegangen. Wir schlugen dies auch vor, aber die Leute kannten das Wort „Spring“ nicht und verstanden damit auch nicht, wovon wir sprachen. Na ja, am Schluss hat es dann ja auch so geklappt.

Im späteren Nachmittag, als die Sonne nicht mehr ganz so erbarmungslos auf uns herunter brannte, machten sich Dominique und Surli auf den Weg in die Stadt. Letztes Jahr hatten wir es nicht geschafft, und so wollten wir uns das Städtchen mal ansehen.

Der Weg hat sich gelohnt! Joinville ist grösser als gedacht, hat schöne alte Häuser, liegt am Fuss eines steilen Hügels und hat seinen eigenen Charme. Die Häuser sind teils richtig herrschaftlich, teilweise auch sehr alt und in mässig gutem Zustand. Aber alles ist sauber und gepflegt.

Aus dem gut besetzten Restaurant duftet es fein, da könnte man ein anderes Mal auch Essen gehen. Wir haben in Bayard eingekauft und werden uns von der Bordküche verwöhnen lassen.

Die heutige Etappe umfasste wiederum 16.2 Kilometer, 7 Schleusen und 3 Brücken, genau wie gestern. Wir haben es nochmals nachgeprüft, es sind wirklich die genau gleichen Zahlen. Lustig.

Wir liegen ganz am Anfang des Quais in Joinville.

Wir liegen ganz am Anfang des Quais in Joinville.

  1. August: wir wollen um 07:00 Uhr ablegen und stehen dementsprechend früh auf. Um halb Sieben beginnt ein Gewittersturm mit Blitz, Donner und starkem Regen über Joinville hinweg zu ziehen. Wir ändern unser Programm, starten um halb Acht den Generator und nehmen eine gründliche Innenreinigung der RIA in Angriff. Etwa drei Stunden später ist diese erfolgreich beendet und wir beschliessen, gegen elf Uhr abzulegen, da sich das Wetter inzwischen gebessert hat.

Heute finden wir, dass uns das Schifffahren seit einigen Tagen erstmals wieder so richtig Freude macht. Der Kanal ist landschaftlich sehr schön, alles verläuft und funktioniert (erstmals seit Vitry le François) völlig problemlos und wir geniessen die Fahrt.

Etwa zwei Kilometer unterhalb der letzten Schleuse wird es plötzlich ziemlich dunkel. Schwarze Wolken ziehen auf, Windböen fegen über die RIA hinweg und unvermittelt knallen riesige Wassertropfen auf das Steuerhaus nieder. Diese gehen in kurzer Zeit in sintflutartige Regengüsse über, so dass wir schon auf kurze Distanz den Kanal und die Landschaft nur noch verschwommen sehen. Surli legt den neutralen Gang ein und lässt die RIA auslaufen, bis sie steht. Wir lassen uns ans Ufer treiben und warten eine Besserung der Wetterverhältnisse ab. So stehen wir still im Kanal und beobachten, wir der Zeitabstand zwischen Blitz und Donner immer kürzer wird, bis Blitz und Donner gleichzeitig sind. Das Gewitter ist nun direkt über uns. Dann werden die Zeitabstände wieder grösser, während sich im Westen der Himmel langsam wieder aufhellt und der Regen nachlässt. Nach geschlagenen 50 Minuten legt Surli den Gang wieder ein und wir erreichen die nächste und für heute letzte Schleuse. Es regnet zwar noch etwas, aber verglichen mit vorher ist das kein Problem.

Dann kommt der spannende Moment, wie immer, wenn der Hafen gleich nach einer Kurve liegt: hat es noch Platz? Es hat – keinen Platz mehr, alles ist belegt. Surlis Adlerauge erspäht aber eine, wenn auch sehr kreative Anlegemöglichkeit im Schilf. So stehen wir also im wahrsten Sinn des Wortes in Froncles „im Schilf“. Die Naturschützer können wir beruhigen: erstens hat es genug (oder zuviel) Schilf im Kanal und zweitens steht es auch noch, wenn wir wieder weg sind.

Am Abend gehen wir gross aus ins Restaurant „du Château“ und geniessen ein fünf Gang Menü vom allerfeinsten, was die französische Küchenkunst und der Keller zu bieten hat. Nicht gerade billig, aber sehr zu empfehlen!

Wir liegen in Froncles an einem „kreativen“ Liegeplatz.

Wir liegen in Froncles an einem „kreativen“ Liegeplatz.

  1. August: Wir bleiben hier, weil uns morgen unsere Freunde Margrit und Marcel mit ihrem Camper besuchen werden. Surli kuckt das F1 Rennen und Dominique macht sich einen gemütlichen Nachmittag.
  2. August: gegen Abend treffen Margrit und Marcel aus der Schweiz kommend bei uns ein. Die Wiedersehensfreude ist gross und wir gehen bald zum Apéro über, um uns gegenseitig alles erzählen zu können, was wir seit dem letzten Treffen erlebt haben. Surli lässt sich nicht lumpen und kocht ein feines Nachtessen. Die Lichter auf der RIA gehen heute etwas später aus.
  3. August: Dominique macht sich mit Margrit und Marcel auf den Weg zum grossen Einkauf. Surli bleibt auf dem Schiff und geniesst den fahrfreien Tag. Wir laden unsere Freunde ein, morgen einen Tag mit uns zu fahren. Da hier die Eisenbahn parallel zum Kanal verläuft, ist es einfach, am Abend wieder zurück zum Camper zu kommen. Wir suchen die passenden Verbindungen heraus. Die RIA Küche zaubert ein weiteres Diner auf den Tisch, das begleitet wird vom hervorragenden Wein, den unsere Freunde mitbringen.

Leinen lösen in Froncles.

Leinen los in Froncles.

  1. August: um zwanzig vor neun legen wir in Froncles ab. Dieses Manöver ist etwas aufwändiger als sonst. Zuerst wird das 50 Meter Stromkabel eingeholt, dann müssen wir die an einem Baum und einer Informationstafel mit Schekeln festgemachten Leinen lösen, bevor wir die Leinen einholen können. Zu guter Letzt müssen wir auch noch die Gangway einholen und an Deck versorgen. Jetzt kann’s los gehen!

Der Morgen ist noch etwas neblig und wir sind froh, dem engen und etwas trüben Ort adieu sagen zu können. Bei der ersten Schleuseneinfahrt staunen unsere Freunde, wie eng die Einfahrt ist und es tatsächlich auf jeden Zentimeter ankommt. Dominique und Surli kommen in den Rhythmus ihrer Aufgaben und so verläuft die Fahrt durch das gewundene und grüne Tal problemlos. Die Schleusen werden abgewechselt von Zugbrücken, dann fahren wir wieder an einem verschlafenen Dorf vorbei, kommen durch ein Waldstück, um anschliessend wieder den Blick frei zu haben auf die sanft geschwungenen Hügel. Das Korn ist schon geerntet, vielerorts stehen die grossen Strohrollen noch auf dem Feld. Die Sonnenblumen auf einem riesigen Feld lassen alle schon die Köpfe hängen. Es ist inzwischen Herbst geworden.

Auf unserer heutigen Fahrt mit Margrit und Marcel kommen alle „Attraktionen“ vor, die eine Kanalfahrt zu bieten hat: zahlreiche Schleusen, mehrere Aquädukte, über die wir in luftiger Höhe mit der RIA die Marne überqueren, drei Zugbrücken und letztlich auch ein, wenn auch kurzes, Tunnel. Nicht zu vergessen das Kreuzen mit kleineren und grösseren Schiffen, die uns entgegen kommen. Selbstverständlich drehen unsere Freunde, beides erfahrene Segler, auch mal am Steuerrad der RIA und sie machen das prima.

Nach einer langen und erlebnisreichen Fahrt legen wir um viertel vor Vier Uhr in Chaumont an den Dalben an. Heute waren es 25.7 Km, 11 Schleusen, 3 Hubbrücken und ein Tunnel.

Wir liegen an den Dalben bei Chaumont.

Wir liegen an den Dalben bei Chaumont. Die grosse Stadt liegt rechts etwas erhöht und ist in 20 Minuten zu Fuss erreichbar.

29. August: wir haben mit der VNF vereinbart, dass wir heute schon um 07:00 Uhr ablegen dürfen. Es liegt recht viel Nebel im Kanal und Surli muss gut schauen, wo’s durch geht. Als dann noch die Sonne über dem Hügel aufgeht und direkt von vorne scheint, wird’s etwas mühsam, doch es geht immer noch, um sicher zu navigieren.

Morgennebel im Gegenlicht.

Morgennebel im Gegenlicht.

Nach zwei Schleusen ist der Kanalabschnitt mit den automatischen Schleusen zu Ende und es beginnt die Strecke mit den altehrwürdigen, manuellen Schleusen. Das ist dasselbe System, das man schon vor gut hundertfünfzig Jahren benutzte. Das zeigt die Genialität dieser Konstruktion und es ist faszinierend, dass wir in diesem alten System von Kanal und Schleusen in der gleichen Geschwindigkeit wie vor fast zweihundert Jahren durch ganz Frankreich reisen können.

Manuelle Schleusen: kurbeln ist angesagt!

Manuelle Schleusen: kurbeln ist angesagt!

Die Reise verläuft ruhig und wir bekommen wieder richtig Freude am Schifffahren. Schon um halb Zwölf Uhr legen wir in Foulain  an einem der beiden kurzen Quais an. Heute waren es nur 14.7 Km, 8 Schleusen (wovon 6 manuell mit VNF Begleitung) sowie eine Zugbrücke. 

Der Hafen von Foulin liegt direkt neben der Marne (links), welche aber erheblich tiefer liegt.

Der Hafen von Foulin liegt direkt neben der Marne (links), welche aber erheblich tiefer liegt.

  1. August: den beiden Holländischen Jachten, welche über Nacht am anderen Quai lagen, machten wir den Vorschlag, dass sie um halb Neun ablegen sollen, damit sie vor uns fahren können, weil sie schneller sind als wir. Wir legen also um 08:40 Uhr ab, um kurz nach neun Uhr an der ersten Schleuse zu sein.

Der Schleusenwärter, ein „Vacataire“ (Ferienvertretung), ist äusserst hilfsbereit, nimmt immer die Seile entgegen in den recht tiefen Schleusen (um die 3.5m) und ist bemüht, uns speditiv zu schleusen. Wir kommen ins Gespräch und erfahren, dass er Mitte September in Besançon mit seinem Studium beginnt. Als er hört, dass wir da auch durchfahren werden, freut er sich. Wir spendieren ihm um die Mittagszeit einen frischen Espresso, was ihn freudig überrascht.

Ursprünglich hatten wir geplant, bis Rolampont zu fahren. Da aber der Anleger dort nicht sehr gross ist und nun die Jachten schon dort sein werden, entscheiden wir uns, heute bis Hûmes zu fahren, wo wir sicher anlegen können. Es ist wieder ein herrlicher Tag, das Tal wird breiter und die Aussicht vom Kanal, der sich oft etwas erhöht dem Abhang entlang schlängelt, ist super. Kurz nach drei Uhr nachmittags legen wir nach 20.1 Km und 12 Schleusen in Hûmes an.

Ein gepflegter Liegeplatz in Hûmes.

Ein gepflegter Liegeplatz in Hûmes.

  1. August: Heute gibt es eine kurze Fahrt nach Langres, wo wir ein paar Tage bleiben werden. Nach knapp anderthalb Stunden Fahrt von 4.2 Km, 2 Schleusen und 1 Zugbrücke legen wir schon um zehn Minuten nach Zehn Uhr am langen Quai von Langres an.

Hier gibt es zwar Strom und Wasser, aber nur um 07:00 Uhr, 12:00 Uhr und 18:00 Uhr jeweils für eine Stunde. Eine etwas seltsame Regelung, aber dafür liegen wir hier gratis.

Das lange Quai von Langres.

Das lange Quai von Langres.

  1. September: Nun ist der August definitiv vorbei und damit der gefühlte Sommer auch. Aber wir können uns ja auf einen schönen Herbst freuen, der hat bekanntlich auch vieles zu bieten. Wir verbringen einen gemütlichen Sonntag, putzen ein wenig und bereiten die Gästekabine für den bevorstehenden Besuch vor. Mit unseren Schweizer Schiffsnachbarn von der Imponderabilia, Rosmarie und Ernst, schwatzen wir ausgiebig. Sie lagen früher in Dannemarie, am selben Platz, wo wir jetzt sind. Die Schiffswelt ist klein!
  2. September: früh morgens sieht Surli auf dem AIS eine kommerzielle Péniche (un Commerce, wie man hier sagt) näher kommen. Kurz nach 07:00 Uhr taucht die abgeladene (d.h. mit Fracht beladene) Péniche im Morgennebel schemenhaft auf – ein herrliches Bild, das wir hier nicht vorenthalten wollen.

Die Péniche

Die Péniche "Barquero" im Morgennebel. 

Im Laufe des Nachmittags trifft Kathrin, eine langjährige Freundin von Dominique, auf der RIA ein. Es gibt ein freudiges Wiedersehen und gäbe auch viel zu erzählen. Doch erst müssen wir für die nächsten Tage noch einkaufen gehen. Also besprechen wir, wonach uns kulinarisch der Sinn steht und dann geht’s ab mit Kathrins Auto zum Supermarché. Einige Zeit später kommen dann die beiden Frauen vollgepackt mit diversen Taschen zurück, derweil Surli im Maschinenraum noch ein paar letzte Arbeiten vor der Weiterfahrt erledigt hat. Nun ist endlich Zeit für den Willkommens-Apéro. Wir haben uns wirklich viel zu erzählen und nun haben wir endlich auch Zeit dazu.

Dominique meldet telefonisch noch unsere morgige Durchfahrt durch den Tunnel an. Dabei erfährt sie, dass wir unbedingt schon um 07:00 Uhr in Langres abfahren müssten. Im Tunnel werden Arbeiten durchgeführt und wenn wir nicht rechtzeitig ankommen, müssen wir einen halben Tag warten.

In der Zwischenzeit hat sich Surli vom Maschinenmechaniker zum Bordkoch gewandelt und ein leckeres Dinner zubereitet. Wir geniessen den gemeinsamen Abend auf der RIA.

Fein essen auf der RIA.

Fein essen auf der RIA.

  1. September: In Absprache mit der Imponderabilia legt diese um 06:40 Uhr ab, wir lösen die Leinen ein paar Minuten später. Pünktlich um 07:00 Uhr passiert die Imponderabilia die erste Schleuse, wir folgen eine viertel Stunde später. Es ist herrlich, in den Morgen hinein zu fahren und wir freuen uns über die schöne Fahrt. Bei der obersten Schleuse muss der Kontrollposten von Heuilley-Cotton die Ausfahrt ferngesteuert frei geben. Es dauert etwas und erfordert diverse hin und her Erklärungen, bis die Dame den richtigen Knopf gefunden hat. Dafür empfiehlt sie uns dann, dass wir uns beeilen sollten wegen dem Arbeitsboot…

Nach einer halben Stunde erreichen wir nach einer teilweise sehr engen Anfahrt das nördliche Tunnelportal. Das „Souterrain de Balesmes“ ist 4’820m lang und hat eine Fahrrinne von etwa 5.5 Metern. Normalweise passiert man mit einem grossen Schiff einen solchen Tunnel, indem man mit dem vorderen Reibholz an dem Holzbalken „anlehnt“, der auf der Seite des Treidelpfades kurz über der Wasserlinie waagrecht montiert ist. So kann man durch den Tunnel schleifen, was meist problemlos ist. Vor der Einfahrt hat uns noch ein VNF Mann vom Treidelpfad her zugerufen, wir sollten uns von den zahlreichen roten Ampeln nicht ablenken lassen, die würden nicht für uns gelten. Also fahren wir in den Tunnel ein.

Einfahrt in den Tunnel  von Balesmes, 4’820m lang und etwa 5.5 Meter breit.

Einfahrt in den Tunnel  von Balesmes, 4’820m lang und etwa 5.5 Meter breit.

In diesem Tunnel funktioniert das mit dem Reibholz am Holzabweiser entlang schleifen aber nicht: die RA wird von der dem Treidelpfad gegenüberliegenden Tunnelwand immer wieder angesaugt. Nach mehreren Versuchen, begleitet von Surlis nicht druckfähigen Ausdrücken, mit der RIA auf der Seite des  Treidelpfads zu bleiben, gibt Surli das Vorhaben auf und schleift halt der rauen Tunnelwand gegenüber dem Treidelpfad entlang.

Surli lässt es keine Ruhe, warum die RIA derart angesogen wurde und er sucht nach einer Erklärung: wahrscheinlich ist der Boden in der Fahrrinne nicht waagrecht sondern rund. Da es dann auf der Backbordseite weniger Wasser hätte, wäre da die grössere Strömung unter dem Schiff als auf der Seite des Treidelpfades. Das gäbe einen Unterdruck und damit die Sogwirkung nach Backbord zur Tunnelwand. Wie auch immer, dieser Tunnel gehört zu den schwierigeren. Wir haben natürlich auch im Logbuch nachgeschaut: letztes Jahr hatten wir dieselben Probleme, also lag es definitiv nicht an Surlis Tagesform. 

Schematische Darstellung der RIA im Tunnel.

Schematische Darstellung der RIA im Tunnel.

Natürlich haben wir auch da die Reibhölzer (Hartgummi- / Kunststoff Abweiser) aussen am Schiff herunter gelassen. Hie und da rumpelt es ein wenig, aber es geht leidlich gut, wenn auch nur im Standgas.Das führt zu einer Durchfahrtszeit durch den Tunnel von sage und schreibe eindreiviertel Stunden! Wir sind sehr erleichtert, als wir auf der anderen Seite wieder das Licht des Tages erblicken und zu unserer Freude sogar von Sonnenschein empfangen werden.

Die Zu- und Wegfahrt zum und vom Tunnel.

Die Zu- und Wegfahrt zum und vom Tunnel, je etwa 800m lang, ist mit 6 Metern Breite immer noch sehr eng.

Wir beschliessen, gleich die Talfahrt in Angriff zu nehmen und passieren noch weitere acht Schleusen, um in Villegusien-le-Lac am alten Siloquai fest zu machen.

Das alte Siloquai von Villegusien-le-Lac.

Das alte Siloquai von Villegusien-le-Lac.

Da lagen wir schon letztes Jahr. Surli ist etwas geschafft, so kümmern sich Kathrin und Dominique um den Apéro und das Nachtessen.

Die heutige Etappe umfasste 18.8km, 10 Schleusen (zwei zu Berg, acht zu Tal) und ein langes Tunnel.

  1. September: kurz vor neun Uhr legen wir ab und fahren weiter zu Tal. Auch auf der Seite der Saône finden wir eine schöne Landschaft mit sanft geschwungen Linien, abgeerntete Kornfelder, Maisfelder, riesige Felder mit Sonnenblumen, die alle die Köpfe hängen lassen und dazwischen Weiden mit Kuhherden. Manchmal passieren wir auch einen kleinen Wald und schon bald kommt wieder die nächste Schleuse. Es läuft gut heute, und so erreichen wir schon kurz nach zwei Uhr Mittags das Dorf Cusey mit seinem schönen Anleger mit Strom und Wasser.

Halte Nautique in Cusey, sehr gepflegt, Strom und Wasser und eine besondere Imbissbude.

Halte Nautique in Cusey, sehr gepflegt, Strom und Wasser und eine besondere Imbissbude.

Wir beschliessen, morgen hier zu bleiben und den Tag zu nutzen, Kathrins Auto in Langres zu holen. Dominique hat die hervorragende Idee, anschliessend in der „Auberge des Voiliers“ am Lac de la Liez zu dinieren. Hierher haben wir am letzten Sonntag einen Spaziergang von Langres aus gemacht und gesehen, dass die Gault-Millau Tafel 2013 neben dem Eingang des Restaurants hängt.

Also organisieren wir ein Taxi für morgen und vereinbaren, dass wir um drei Uhr abgeholt werden. Vor uns liegt die Liberté, ein grosser Luxe Motor, von Marie-Thérèse und Xavier. Wir haben das französische Paar erstmals in Gondrexange getroffen. Später haben wir sie dann in Nancy wieder gesehen, aber auch da keine Zeit für einen Kaffee gehabt. So holen wir dies nun heute ausgiebig nach. Xavier weiss als erfahrener Marinier viele lustige Geschichten zu erzählen so vergeht die Zeit im Flug.

Weniger lustig ist, dass Xavier von einem VNF Mann erfahren hat, dass durch das Auslaufen des Kanals und das hinabstürzende Wasser das Fundament des Plan Incliné unterspült wurde. So könne es sein, dass das Schiffhebewerk für zwei Jahre gesperrt bleibt. Nun ja, man hört viel und weiss wenig. So warten wir ab und schauen, wie es letztlich kommen wird.

Der restliche Tag verläuft wie gestern, wir haben einander immer noch viel zu erzählen, Fotos werden angeschaut, dazwischen etwas gelesen oder Siesta gehalten und gegen Abend widmen wir uns wieder dem obligaten Apéro mit anschliessendem Dinner an Bord.

  1. September: gegen drei Uhr nachmittags kommt ein elegantes Taxi bei der RIA an. Wir packen unsere sieben Sachen zusammen, rasch noch das Schiff abschliessen und schon sitzen wir im Taxi nach Langres. Eine halbe Stunde später und sechzig Euro leichter verlassen wir das Taxi wieder und wünschen der charmanten Chauffeuse einen guten Dienst. Mit Kathrins Renault geht’s nun vom Hafen wieder hinauf zur Stadt. Surli ist froh, den Aufstieg nicht zu Fuss bewältigen zu müssen.

Der Dichter und Aufklärer Diderot in Langres.

Der Dichter und Aufklärer Diderot in Langres.

Wir besichtigen ausgiebig die Geburtsstadt von Diderot, schauen auf verschiedenen Seiten in die Weite der Landschaft. Nach Westen sieht man weit in die Champagne, nach Norden erblicken wir den Lac de la Liez und erkennen sogar das Restaurant unserer Wahl für heute Abend. Das erinnert uns, da mal anzurufen und einen Tisch zu reservieren.

Ausblick von den Remparts von Langres Richtung Norden zum Lac de la Liez.

Ausblick von den Remparts von Langres Richtung Norden zum Lac de la Liez.

Auf dem Weg zum Restaurant machen wir noch einen Abstecher zum Supermarché. Es ist die Gelegenheit, schwere Artikel wie Flaschen (Wasser natürlich, was denn sonst?) und Anderes mit dem Auto zum Schiff zu bringen. Pünktlich um sieben Uhr erreichen wir das Restaurant. Da wir immer noch in der Champagne sind, wenn auch äussersten Zipfel, können wir nicht umhin, uns auch eine „Coup de Champagne“ zum Apéro zu genehmigen. Das anschliessende vier Gang Gourmetmenü begleitet eine Flasche „Pernand-Vergelesses“ aus dem Burgund. Leben und Essen wie Gott in Frankreich, wie man so sagt.

  1. September: der Tag der Abreise von Kathrin. Es waren ein paar fantastische Tage zusammen, leider viel zu kurz, wie immer. Wir helfen beim Verstauen des Gepäcks, Umarmung und Küsschen folgen, dann bleibt nur das Winken, bis das Auto um die nächste Biegung entschwindet. Habe ich da ein kleines Tränchen gesehen? Wohl doch nicht – oder war da was? Wir bleiben noch in Cusey, plaudern mit den beiden französischen Paaren, die inzwischen mit ihren zwei Schiffen angekommen sind. Sie kennen auch Guy und Christine von der Liberty (professionelle Péniche), die wir auch gut kennen. Die Schiffswelt ist klein!

Abends lassen wir es uns nicht nehmen im „le P’ti Jad“ am Halte Nautique zu essen. Alles beginnt natürlich mit dem Apéro, wie denn sonst in Frankreich. Anschliessend bestellt Dominique eine Pizza und Surli ein „Filet haché“ mit „Frites“.

Le P'ti Jad.

Die Imbissbude "Le P'ti Jad" am Halte Nautique von Cusey.

Es wird ein spannender und lustiger Abend. Mit allen, die ankommen, werden ein paar Worte gewechselt. Aufkommende Windböen, welche schwarze Wolken vor sich her treiben, lassen nichts Gutes ahnen. So beschliessen wir unser Nachtessen unter freiem Himmel und flüchten beim unvermittelt einsetzenden Regen ins Innere des umgebauten Wohnwagens, um die Rechnung zu begleichen.

  1. September: Wir beschliessen, trotz regnerischem Wetter weiter zu fahren. So legen wir um zwanzig nach Neun ab und fahren weiter zu Tal. Der Kanal verläuft leicht gewunden, lässt immer wieder Ausblicke in die flacher werdende Landschaft zu, die Abstände zwischen den Schleusen werden länger. Da es regnerisch ist, passt das gut, da können wir jeweils im trockenen Steuerhaus bleiben bis zur nächsten Schleuse. Nach einer ruhigen Fahrt erreichen wir Pouilly-sur-Vingeanne, wo wir um ein Uhr Mittags schon Feierabend machen. Surli möchte das Qualifying der Formel 1 in Monza kucken, aber wir haben keinen TV Empfang (zu viele Bäume). Na ja, dann gibt’s halt einen ruhigen Nachmittag – auch gut.

Dominique ist bereit zum Spaziergang.

Wir raffen uns für einen Spaziergang durch das Dorf auf. Dominique nimmt sicherheitshalber einen Schirm mit, den wir dann aber nicht brauchen. Ohne Schirm hätte es sicher geregnet…

„Trous en formation“ (Loch in Bearbeitung).

Wir finden dasselbe „Trous en formation“ (Loch in Bearbeitung), das wir schon letztes Jahr fotografierten. Der Spaziergang und die frische Luft tun uns gut und wir kehren zufrieden zur RIA zurück.

Es hat hier nur eine Dalbe, dafür vor- und nachher je einen guten Poller am Land. Für die RIA ist das ideal, da unser Schiff immer etwas kurz ist, um an zwei Dalben anzulegen. Wir achten darauf, dass die Leinen gut gespannt sind, denn wenn ein Frachtschiff vorbeifährt, darf das Heck der RIA nicht nach aussen driften. 

An der Dalbe bei Pouilly-sur-Vingeanne.

An der Dalbe bei Pouilly-sur-Vingeanne. 

Die heutige Etappe umfasst 13.5 Km und 6 Schleusen, und alle funktionierten!  

  1. September: Wir fahren eine kurze Etappe und hoffen auf TV Empfang für das Rennen in Monza. Also legen wir um zehn Minuten nach acht ab, um rechtzeitig anzukommen. Nach einer Viertelstunde erreichen wir die erste Schleuse: das Lichtsignal ist dunkel, nichts passiert. In der Magengegend braut sich schon leichter Ärger zusammen, als uns in den Sinn kommt, dass heute ja Sonntag ist und die Schleusen deswegen erst um 09:00 Uhr öffnen. Na ja – man hat eben nicht immer Glück…

Pünktlich schaltet sich die Schleuse 29 dann ein und wir können unsere Fahrt nach dreissig Minuten Wartezeit fortsetzen. Die Freude währt aber nur kurz, denn schon die nächste Schleuse ist „hors service“, ausser Betrieb. Dominique ruft den Kommandoposten an und meldet die Störung, wie immer in Französischer Sprache. Plötzlich kuckt Dominique völlig verwirrt drein und Surli hört sie sagen „vous pouvez parler Français“. Nach dem Telefonat fragt Surli, was los war. Dominique meint, es hätte sie völlig verwirrt, denn der Mann am Telefon hätte auf Englisch („Franglais“) geantwortet. Nachher haben die beiden das weitere Gespräch problemlos auf Französisch beendet. Der VNF Mann im Kommandoposten hatte unmittelbar vorher einen Anruf eines englischen Schiffs, und er war offenbar noch im Englischmodus, als Dominique anrief. 

Eine lustige Episode, die uns die dreiviertel Stunden Wartezeit etwas abkürzt. Dann kommt der VNF Mann. Wir sehen, dass er hin und her läuft, dies und jenes probiert, immer wieder mit den Schultern zuckt, bis er endlich die Schleuse in Betrieb nehmen kann. Die Schleuse hatte einen Stromausfall. Nun gut, wir können passieren stellen fest, dass wir in zwei Stunden gerade mal 2.5 Km und zwei Schleusen weit gekommen sind. Kein vielversprechender Anfang! Dafür verläuft die Fahrt nachher ohne weitere Probleme, bis wir um punkt zwölf Uhr in Dampierre-et-Flée an den Dalben festmachen. 

An den Dalben bei Dampierre-et-Flée.

An den Dalben bei Dampierre-et-Flée.

Es hat zwar auch viele Bäume, doch Richtung Süden sind sie weiter weg und wir haben TV Empfang für das Formel 1 Rennen in Monza. Die Übertragung des Rennens rief unsere Erlebnisse wieder wach, als wir aus Anlass von Surlis sechzigstem Geburtstag live in Monza dabei sein durften. Es war eindrücklich und unvergesslich! 

Da wir noch nie in Dampierre-et-Flée waren, unternehmen wir auch hier einen Spaziergang ins Dorf. Wie alle Dörfer auf dieser Seite des Tunnels, die wir gesehen haben, hat es auch hier einige Häuser, sogar ein sehr Herrschaftliches Anwesen mit einer Art Schlosspark, eine Mairie (Rathaus) und sonst absolut nichts. 

Das Dorf Dampierre.

Das Dorf Dampierre. 

Dafür wohnen hier offenbar auch Leute mit Humor. Wir wollen aber trotzdem nicht ausprobieren, ob das nur lustig ist oder vielleicht doch der Ernst des Lebens bedeutet: 

Wenig einladend...

  1. September: wir legen um halb Neun ab. Da heute ja Montag ist, öffnen die Schleusen schon um sieben Uhr. Das sollte keine Probleme geben und so ist es dann auch. 

Die Fahrt durch die immer flacher werdende Landschaft ist sehr schön und das Wetter bessert sich auch zusehends. 

Für einmal ein vernünftiger Schleusenüberlauf.

Wir sehen einen Schleusenüberlauf, der nicht so eine schlimme Querströmung verursacht wie die anderen. Das Problem wäre also mit kleinem Aufwand zu lösen.

Wir passieren Oisilly, wo wir letztes Jahr Halt machten. Jetzt fahren wir weiter und erreichen um halb zwei Uhr Maxilly-sur-Saône. 

Hier hat es ein langes Quai. Gleich zu Beginn liegt ein keiner Dauerlieger und in der Mitte des restlichen Quais liegt ein Tupperware (so nennen wir etwas despektierlich die Plastik-Mietboote). Doch dank der geschickten Leinenarbeit von Dominique kann Surli in die Lücke zirkeln. 

Am Quai von Maxilly-sur-Saône mit Strom und Wasser.

Am Quai von Maxilly-sur-Saône mit Strom und Wasser. Die Jetons bekommt man in den lokalen Geschäften (Epicerie, Boulangerie, Coiffure) und im Rathaus. Ein Jeton zu drei Euro schaltet den Strom für drei Stunden ein. Dafür werden keine Liegeplatzgebühren erhoben. 

  1. September: Es sind landesweite Streiks und Demonstrationen angekündigt. Wir erkundigen uns bei VNF, ob die Schleusen auch betroffen seien. Man sagt uns, dass hier ein minimaler Betrieb aufrecht erhalten wird, dass es aber in der Saône und im Canal du Rhône au Rhin voraussichtlich zu Schleusenblockierungen kommen wird. Also bleiben wir. Hier liegen wir gut und wollen den Tag nicht in irgendeiner bestreikten Schleuse verbringen. 

Dominique beim Planken fischen.

Wir sitzen im Steuerhaus als Dominique entdeckt, dass die hölzerne Gangway unserer Schiffsnachbarn mitten im Kanal treibt. Da niemand auf dem Schiff ist, können wir sie nicht informieren. Nach der Durchfahrt eines Schiffes wird die Planke zwar etwas mitgespült, dafür aber letztlich am gegenüberliegenden Ufer gegen das Ufer geschwemmt. Dominique entschliesst sich für ein „Plankenfischen“, behändigt einen Bootshaken, geht über die Schleuse auf die andere Seite und zieht die Planke ans Ufer. Anschliessend schleppt sie die Planke zu unseren Nachbarn zurück.

  1. September: Wir haben noch zwei Schleusen bis zur Saône. Um zehn Minuten vor neun Uhr legen wir ab. Schon bei der Einfahrt in die erste Schleuse reissen wir das vordere Reibholz auf der Steuerbordseite ab. Es hatte sich in einer Vertiefung des Schleusentors verfangen. Dominique birgt das Reibholz und wir beschliessen, nach der nächsten Schleuse den Schaden zu reparieren. In der Schleuse 43, Chemin de Fer, müssen wir den Télécommande abgeben. Das geht hier automatisch: man muss die Funkfernsteuerung in das Fach eines Automaten legen und dann reinschieben. Anschliessend muss man mittels Gegensprechanlage mit dem Kommandoposten Kontakt aufnehmen und sich mit dem Schiffsnamen aus dem Kanal abmelden. Dann kann man den Schleusenvorgang auslösen.

Nach dem Reparaturhalt erreichen wir nach kurzer Fahrt das Ende des Kanals. Wir biegen scharf über Steuerbord in eine Dérivation (Kanalstück) der Saône ein, um gleich die nächste Schleuse mittels „Carotte“ (Schlauch, der herunter hängt und den man drehen muss) auszulösen. Es ist (für uns) die erste Schleuse in der Saône! Anschliessend gelangen wir in den schönen Fluss. Auf den nächsten 36 Kilometern bis zur Einfahrt in den Canal du Rhône au Rhin haben wir nur zwei Schleusen vor uns. Trotz Regen geniessen wir die Fahrt auf dem leicht gewundenen Fluss, vorbei an Dörfern und unter Brücken hindurch. Unterhalb Auxonne kommt uns die „Vagabonde“, das Touristenschiff aus Saint Jean de Losne  entgegen. In gebührendem Abstand wendet das 39 Meter Schiff vor uns im Fluss und fährt wieder zu Tal. Wir laufen von hinten langsam auf, da die „Vagabonde“ nur mit knapp 9 Km/h unterwegs ist, wir aber mit gut 11 Km/h fahren. Surli sieht auf dem AIS und auf der PC-Navigo Karte, dass die „Vagabonde“ ihre Geschwindigkeit verringert, um uns vorbei zu lassen. Da aber hinter der nächsten Biegung eine Brücke kommt, nimmt Surli über Kanal 10 Funkkontakt auf und teilt mit, dass wir bis nach der Brücke hinter der „Vagabonde“ bleiben und dann überholen werden. Der Kapitän des Passagierschiffs bestätigt dies und so machen wir es auch. 

Zwei Kilometer vor der Schleuse 75, Saône, der Einfahrt zum Canal du Rhône au Rhin, rufen wir den Schleusenwärter an und melden uns bei der Schleuse für eine Passage in etwa zehn Minuten an. Als wir etwa 200 Meter vor der Schleuse sind, sehen wir ein Schiff aus der Schleuse ausfahren und freuen uns, dass das so gut klappt. Wir haben aber nicht mit dem VNF Menschen an der Schleuse gerechnet, denn dieser schliesst das Tor wieder, fährt die Schleuse leer(!) hoch um oben zwei Schiffe einzulassen. Diese müssen aber noch den Télécommande abgeben, alles muss administrativ erfasst werden und dann geht die Schleusung endlich los. Wir manövrieren derweil zwanzig Minuten lang vor der Schleuse in der Strömung.  

Einfahrt in den Canal du Rhône au Rhin.

Einfahrt in den Canal du Rhône au Rhin.

Als die beiden Schiffe dann endlich (sehr kompliziert) die Schleuse verlassen haben, können wir einfahren. Der VNF Mann nimmt uns freundlich die Seile entgegen und wir schleusen hoch. Dann muss Dominique die Fernbedienung (Télécommande) entgegen nehmen. Alles dauert, weil der Mann seine Mühe mit dem Computersystem hat, wo er alles erfassen sollte. Auf der Bergseite wartet schon die „Rhône“, eine Grossjacht. Endlich können wir aus der Schleuse ausfahren. Doch Dominique ruft plötzlich, dass ihr der VNF Mann einen falschen Télécommande gegeben habe. Also Vollstopp und rückwärts wieder zurück in die Schleuse, ein prickelndes Manöver. Dominique steigt aus und bringt die Box wieder zurück. Der VNF Mann findet, das Dominique hätte sagen müssen, dass sie eine 230 Volt Version haben will. Dominique verkeift sich ein letztes Mal einen Kommentar, nimmt die Schachtel, prüft, ob der gute Mann nun den richtigen Griff ins Gestell getan hat und kommt zum Schiff zurück. Endlich können wir definitiv ausfahren. Organisieren scheint nicht die Stärke dieses VNF Mitarbeiters zu sein. Er ist aufgrund seiner Fähigkeiten definitiv nicht für diesen Posten geeignet. 

Wir fahren weiter durch die unmittelbar anschliessenden zwei Schleusen und beschliessen, bei nächster Gelegenheit Feierabend zu machen. Nach knapp sechs Kilometern und einer weiteren Stunde angenehmer Fahrt erreichen wir „Abergement-la-Ronce“, wo es einen Anleger hat. Da liegt aber schon ein grosses Schiff. Es sind Kathrin und Ruedi mit ihrer „Cornelia Helena“. Sie rücken noch etwas nach vorne, so dass wir kreativ / schräg anlegen können. Wir machen heute um 16:40 Uhr Feierabend, waren also knapp acht Stunden non stopp unterwegs, haben 42.7 Kilometer und sieben Schleusen hinter uns gebracht. „Pas mal“.

Wir liegen nun tatsächlich (teilweise) im Schilf, aber es geht gut so, kein Problem. Wir kommen mit Kathrin und Ruedi ins Gespräch, nach kurzer Zeit kommen auch ihre Gäste, Marlen und Theo von ihrem Abendspaziergang zurück  und es geht nicht lange, bis wir zu sechst auf der „Cornelia Helena“ beim Apéro sitzen. 

Die „Cornelia Helena“ und die RIA in „Abergement-la-Ronce“.

Die „Cornelia Helena“ und die RIA in „Abergement-la-Ronce“. 

Ausblick ins Schilf.

Ausblick ins Schilf.

  1. September: wir haben uns gestern Abend noch abgesprochen, wer wann ablegen soll. So fahren wir als erste kurz nach halb Neun los. Schon nach der zweiten Schleuse kommen wir in das Gebiet der Chemiefabrik SOLVEY. Die Luft ist salzhaltig, überall stehen Tafeln, dass der Zutritt – selbst auf den Treidelpfad – strengstens verboten ist, auch das Anlegen oder gar Übernachten auf den nächsten Kilometern ist ebenfalls streng verboten. Es sind Tafeln mit rotem Alarmblinklicht und Lautsprechern aufgestellt, die in verschiedenen Sprachen darüber informieren, dass man bei einem Alarm die Gegend schnellstmöglich verlassen soll. Das alles ist nicht sehr vertrauensbildend. Wir sinnieren, dass „schnellstmöglich“ bei uns 6 Km/h und etwa zehn Minuten pro Schleuse bedeutet. Für eine Flucht sind das nicht sehr taugliche Voraussetzungen! Also schliessen wir alle Türen, Fenster und Bullaugen tuckern durch die Endzeitstimmung. Der Schaum in den Schleusen und der Nieselregen tragen auch nicht zur Hebung der Stimmung bei. 

Schleusen im Schaumbad...

Schleusen im Schaumbad...

Zum Glück wird es dann wieder freundlicher und wir erreichen wieder angenehmere Gefilde. Nach der Schleuse 68 kommen wir für ein kurzes Stück erstmals in den Doubs und stellen befriedigt fest, dass der Pegel völlig normal ist. Nun noch die mirakulöse Einfahrt in den Hafen von Dole und dann haben wir unser Ziel erreicht. Und es hat tatsächlich Platz am Quai, was für eine Freude!

Einfahrt in Dole. Die Kathedrale grüsst majestätisch vom Hügel herab.

Einfahrt in Dole. Die Kathedrale grüsst majestätisch vom Hügel herab. 

Zwei Stunden später trifft die „Cornelia Helena“ ein und wir helfen beim Belegen der Leinen. Wir machen ab, dass die Crew der „Cornelia Helena“ nach dem Nachtessen zu einem Glas Wein auf die RIA kommt. Wir verbringen einen sehr netten und gemütlichen Abend mit Kathrin und Ruedi sowie ihren Gästen, Marlen und Theo. Lustigerweise sind wir alle Sechs Mitglieder des Schleusen Schiffer Klubs. Wir werden uns also bei der einen oder anderen Gelegenheit wieder sehen.

Die „Cornelia Helena“ im Hintergrund und die RIA im Morgennebel im Hafen von Dole.

Die „Cornelia Helena“ im Hintergrund und die RIA am nächsten Tag im Morgennebel im Hafen von Dole. 

Hier endet unsere Berichterstattung über die lange Reise von Condé-sur-Marne nach Dole. 

Wir waren 26 Tage unterwegs, sind 326 Kilometer gefahren und haben 137 Schleusen, 2 Tunnels und 15 Zugbrücken passiert.

Dole, 15. September 2013

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